Das Jahr ist noch jung, die frisch für die Publikumspresse vermeldeten Auflagenzahlen durch die IVW (Informationsgesellschaft für die Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern) zeigen für die Durchschnittsverkäufe im vierten Quartal 2016 jedoch eine Fortschreibung des mittlerweile leider altbekannten Negativtrends für die Verlagsbranche. Die unseres Erachtens besonders relevanten Fakten für die Kommunikationsinteressen der Uhren-Branche wollen wir in der folgenden Analyse von Responsio zusammenfassen.
Zwei Vorbemerkungen zur Systematik der vergleichenden Analyse: (1) Die durchschnittlich verkauften Auflagen des vergangenen Quartals werden mit dem entsprechenden Vorjahreszeitraum ins Verhältnis gesetzt. Neben den absoluten Verkaufsmengen ergibt sich damit ein Absatzindex, welchen wir bei außergewöhnlich hohen Gewinnen bzw. Verlusten farblich gekennzeichnet haben: Grüne Felder bedeuten Zugewinne von mehr als zehn Prozent, rot unterlegte Indizes symbolisieren ebensolche Verkaufsrückgänge. (2) Die Verkäufe im Lesezirkel, bei den Bordexemplaren und im Sonstigen Verkauf werden in der Betrachtung wiederum ausgeklammert. Stattdessen konzentrieren wir uns auf die sogenannten „harten Verkäufe“. So bezeichnet die Branche die Summe aus den Vertriebssparten Einzelverkauf (=Zeitschriften-Einzelhandel inklusive Bahnhöfe und Flughäfen) und Abonnement. Die so klare Diskriminierung der anderen Sparten in der Bewertungsrelevanz der Werbetreibenden ist zwar anteilig nicht ganz fair, jedoch hat die Verlagsbranche die Verwässerung durch „auflagenkorrigierende“ Maßnahmen innerhalb dieser Verkaufsanteile sicher auch selbst mitbetrieben. Die den Verlagsvertretern gegenüber sitzenden Verhandlungspartner im Mediageschäft nutzen diese rabattbildenden Steilvorlagen naturgemäß gerne. Die Verlage haben dies erkannt und deshalb die unwirtschaftlichen, weil nicht mehr zu monetarisierenden, „weichen“ Auflagenanteile in den letzten Quartalen stufenweise gekürzt.
Wie eingangs bereits angedeutet, ist eine vertriebliche Erholung des Zeitschriften- und Zeitungsvertriebs nicht absehbar. Die insgesamt von der IVW erfassten knapp 450 Titel weisen für das vierte Quartal 2016 zwar immer noch eine gesamt verkaufte Auflage von beeindruckenden 130 Mio. Exemplaren aus, das durchschnittliches Minus von 3,5 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal bedeutet aber einen Rückgang von fast 5 Millionen Exemplaren binnen Jahresfrist! Gerade noch fünf Titel melden eine Verkaufsauflage von über einer Million, dabei enthalten sind vier Programmzeitschriften sowie die BILD am Sonntag. Die Betrachtung der einzelnen Werte in unserer Analyse zeigt demnach wieder überwiegend in Rot hervorgehobene Indexwerte.
Bevor wir in die wichtigsten Teilergebnisse einsteigen, sei noch eine deutliche Aussage zur Ehrenrettung der Print-Branche erlaubt: wir reden hier von publizistischen Angeboten, die es auch in der fortschreitenden Kostenlos-Kultur der Digitalisierung noch schaffen, von der Zielgruppe eine hohe Wertschätzung durch relevante Vertriebserlöse zu erfahren.
Innerhalb von Zeitschriftengattungen lässt sich diesmal eine große Schwäche bei den People- und Frauenmagazinen ausmachen. „Madame“ (plus 11 Prozent) und „Gala“ (plus 4 Prozent) sind dort die einzigen Gewinner. Der Platzhirsch „Bunte“ kann sich mit einem Rückgang um 3 Prozent noch einigermaßen stabil halten. Beim Gros der wöchentlich, 14-täglich und monatlich erscheinenden Frauentitel sieht es dagegen sehr trist aus. Einen prozentual sogar zweistellig negativen Verlust weisen „Closer“ (minus 16 Prozent), „Grazia“ (minus 19 Prozent), „Freundin“ (minus 12 Prozent), „Cosmopolitan“ (minus 27 Prozent), „Glamour“ (minus 15 Prozent), „Harper’s Bazaar“ (minus 19 Prozent), „InStyle“ (minus 11 Prozent), „Jolie“ (minus 32 Prozent“), „Joy“ (minus 21 Prozent), „Maxi“ (20 Prozent), „myself“ (minus 16 Prozent) und „Petra“ (minus 21 Prozent) aus. Viele der genannten Objekte geben zwischen 15.000 und 25.000 Exemplare im harten Verkauf ab. Dabei zeigen diese Titel ihre Auflagenschwäche fast allesamt im Einzelverkauf. „Jolie“ schrammt mit einem Verkaufsrückgang von fast 37.000 Exemplaren am Kiosk sogar knapp an der dortigen Top-10-Rangliste der Verlierer vorbei. „Madame“ holt sich seinen obengenannten Zuwachs gegen den Gattungstrend sogar hauptsächlich im Einzelverkauf und kann dort um fast 5.000 Exemplare zulegen. Die für andere Zeitungs- und Zeitschriftengattungen anhaltend erkennbare Hausse bei der Nachfrage nach ePaper-Ausgaben ist im Frauenmarkt offenbar bereits beendet – auch dort verlieren fast alle Magazine im Frauensegment zum Teil deutlich.
Auch die monatlich erscheinenden Lifestyle-Magazine im Männersegment müssen weiterhin stark sinkende Absätze hinnehmen. Beim „harten“ Anteil der verkauften Auflage geht es für fast jeden Titel sowohl im Einzelverkauf wie auch im Abonnement deutlich rückwärts. Der immer noch klare Marktführer „Playboy“ verliert zwar in der Summe über 20.000 Exemplare (minus 15 Prozent), kann jedoch durch eine Versechsfachung seiner digitalen Abonnements die Gesamtzahl seiner regelmäßigen Bezieher sogar um sieben Prozent steigern. Die kommenden Monate werden zeigen, wie der Markt auf den bei der deutschen Lizenzausgabe zuletzt erfolgten Relaunch reagiert. „GQ“ bzw. „Men’s Health“ verlieren 15 (ca. 7.000 Expl.) bzw. 13 Prozent (ca. 12.500 Expl.) ihrer „harten“ Verkaufsauflage.
Unverändert ist auch das Bild bei den Wirtschaftsmagazinen: Die „Wirtschaftswoche“ als einzig relevanter Wochentitel verliert beim Jahresvergleich am Kiosk satte 13 Prozent, was bei der niedrigen EV-Auflage von jetzt unter 6.500 Exemplaren nochmals fast 1.000 Exemplare weniger bedeutet. Im Abonnement ist der Verlust durch eine Verdoppelung der anteiligen ePaper-Exemplare mit drei Prozent zwar relativ geringer, da die Dauerbezieher aber den klaren Auflagenschwerpunkt des Magazins aus Düsseldorf ausmachen, bedeutet dies in absoluten Mengen einen Rückgang um über 2.300 Exemplare auf nur noch 77.300 Abonnenten. Der im Einzelverkauf stärkste Titel der Gattung, „brand eins“, verliert nun aber gerade dort zehn Prozent, gleichbedeutend ca. 3.000 Exemplaren. „Impulse“ korrigiert den Rückgang von über 8.000 Exemplaren im „harten“ Verkauf für die Gesamtmeldung durch eine Mehrlieferung von 25 Prozent bei den Bordexemplaren. Geringer fallen die Auflagenverluste diesmal bei den monatlich erscheinenden Traditionstiteln „Capital“ (minus vier Prozent) sowie „Manager Magazin“ (minus zwei Prozent) aus. Diese beiden Objekte konnten ihre Auflagen auch an den Kiosken einigermaßen behaupten – hier spielen die meisten Wirtschaftstitel kaum noch eine Rolle.
Ein Sinnbild der erodierenden Auflagen stellen wiederum alle an die männliche Zielgruppe orientierten Titel der BILD-Markenwelt dar. In unserer Betrachtung sind dies „Bild am Sonntag“ sowie die „Sport Bild“, welche diesmal einen „harten“ Auflagenverlust von 10 Prozent (über 100.000 Expl.) bzw. 7 Prozent (minus 15.000 Expl.) hinnehmen mussten.
Die anderen „Männertitel“ der BILD-Familie stehen nicht besser da: „Bild“ (-10 Prozent; minus 186.000 Expl.), „Computer Bild“ (-18 Prozent; minus 46.000 Expl.) und auch „Auto Bild“ (-8 Prozent; minus 28.000 Expl.) komplettieren das problematische Gesamtbild. Für Springer bringen allein diese Objekte einen Rückgang von über 375.000 verkauften Exemplaren innerhalb eines Jahres.
Das Segment der aktuellen Titel bzw. der Nachrichtenmagazine konnte sich nach den deutlichen Verlusten der Vorquartale diesmal außergewöhnlich gut behaupten. „Focus“ konnte seinen „harten“ Auflagenbestandteil sogar stabil halten, wobei dies hauptsächlich auf einen 11-prozentigen Zuwachs seiner ePaper-Abonnements zurückzuführen ist. Der „Spiegel“ weist in der Summe seiner Abonnements und Einzelverkäufe ein knappes Minus von drei Prozent aus. Der „Stern“ nutzt das in dieser Teilauflage relativ stabile Quartal („nur“ minus sechs Prozent beim harten Bestandteil) um endlich auch seine übermäßig bestückte Menge im Lesezirkel zu konsolidieren (minus 20.000 Exemplare). Auch seinen Verkauf an die Luftfahrtgesellschaften reduziert Gruner+Jahr bei seinem Wochentitel deutlich (minus 33.700 Expl.).
Kommen wir zur Betrachtung der großen überregionalen Wochen- und Sonntagszeitungen: wie zuletzt, behauptet sich die „Zeit“ in Bezug auf ihre „hart“ verkaufte Auflage wiederum recht gut – ein Minus von nur etwa drei Prozent (13.000 Exemplare) innerhalb eines Jahres ist durchaus als Erfolg zu werten. Hierbei half jedoch auch der Zuwachs von fast 30 Prozent bei der Menge seiner digitalen Bezieher (entsprechend plus 5.700 ePaper-Abonnenten). Einen starken Rückgang verzeichnet die „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ im Einzelverkauf (minus 13 Prozent; minus 8.000 Exemplare). Weitere 10.800 Exemplare verliert die „FaSo“ im Abonnement, obwohl hierbei ein anteiliger Zuwachs bei den ePaper-Beziehern enthalten ist: der dortige Zugewinn von 85 Prozent federt über 13.000 verlorene Exemplare ab! Die „Welt am Sonntag“ liegt zwar bei einem Verlust von knapp unter 10 Prozent seiner harten Auflage, das Minus bedeutet jedoch ebenfalls 23.000 verlorene Käufer in der Summe von Abonnement und Kiosk.
Bei den überregionalen Tageszeitungen behaupten sich mit dem „Handelsblatt“ und der „Süddeutschen Zeitung“ zwei Titel durch diesmal sehr stabile Abo-Auflagen erfolgreich. Diese sind aber in der Hauptsache auch auf deutliche Steigerungen von 26 bzw. 20 Prozent bei den ePaper-Anteilen zurückzuführen. Die „Süddeutsche“ konnte zudem sogar seine Kiosk-Auflage um fast zehn Prozent verbessern.
Wie schon beim letzten Mal schließen wir die Betrachtung ab mit einem Blick auf das gemeldete ePaper-Angebot der Verlage. Nach einer lange Jahre stetig wachsenden Käuferbasis für die digitalen Ausgaben haben sich die entsprechenden Absätze bei diversen Titeln nun erstmals auch ein wenig verschlechtert. Die Verkäufe werden weitestgehend über elektronischen Plattformen an Abonnenten erzielt – die ePaper-Verkäufe im Einzelverkauf bleiben weiterhin in einer sehr überschaubaren Größenordnung. Der „Spiegel“ hält sich mit insgesamt knapp über 54.000 Exemplaren an der Spitze der ePaper-Rangliste, davon wird aber mehr als die Hälfte deutlich rabattiert (und damit als Sonstiger Verkauf) gemeldet. Die „Zeit“ hat sich in dieser Statistik mit dem weiter oben schon erwähnten starken Zuwachs beim ePaper-Abo mit insgesamt 49.000 Exemplaren auf Platz Zwei verbessert, noch vor der „BamS“. Letztere hat mit knapp 45.000 ePaper-Abonnement jedoch den größten Stamm bei den Dauerbeziehern.
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