Wer sich in den letzten Jahren die von der IVW (Informationsgesellschaft für die Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern) geprüften und zertifizierten Verkaufszahlen für die Zeitschriften und Zeitungen der deutschen Publikumspresse zu Gemüte geführt hat, wird nicht überrascht sein: „Rot dominiert“ bleibt weiterhin die Kernaussage. D.h., dass auch die frisch veröffentlichten Durchschnittswerte für das Quartal I/2017 im Vergleich zum Vorjahr überwiegend einen mehr oder weniger deutlichen Rückgang belegen. Die Performanz der für die Uhren-Branche nach unserer Einschätzung stärker relevanten Titel wollen wir in der folgenden Responsio-Analyse zusammenfassen.
Für die Vergleichbarkeit wurden die Verkaufsergebnisse indiziert, indem die aktuellen Werte mit denjenigen des ersten Quartals aus dem Vorjahr ins Verhältnis gesetzt wurden. Grün gekennzeichnet sind Zugewinne um mehr als zehn Prozent, in Rot dagegen entsprechend hohe Verluste.
Es bestätigt sich dabei der anhaltende Trend: die bei fast allen Titeln erkennbaren Verkaufsverluste (und damit die rot markierten Werte) ziehen das Augenmerk unmittelbar auf sich. Positive (grüne) Zahlen beziehen sich zumeist nur auf den Teilausweis für diejenigen Auflagenbestandteile, welche von den Verlagen als E-Paper publiziert werden. Diese entwickeln sich in Relation positiv, die absoluten Absatzmengen für die digitalen Magazinversionen liegen aber immer noch in überschaubarer Größenordnung. Für die Verlage besteht hier jedoch die Möglichkeit, den Gesamtverkauf zu stützen und dabei gleichzeitig Produktions- und Logistikkosten einzusparen.
Die Aufmerksamkeit der Werbetreibenden konzentriert sich in den letzten Jahren auf die sogenannte „harte Auflage“ der Publikationen. Das bedeutet, dass für die Bewertung der Publikumsresonanz hauptsächlich die Summe der werthaltigen Nachfrage (Bezahlung der vollen Abgabepreise) herangezogen wird. Dazu gehören der Einzelverkauf sowie die abonnierten Exemplare. Die weiteren Vertriebssparten (Lesezirkel, Bordexemplare, sonstiger Verkauf) werden bei der Bewertung mehr oder weniger ausgeklammert und dementsprechend nur als „weicher“ Auflagenbestandteil bezeichnet. Ob zu Recht oder nicht: die Verlage sehen sich damit regelmäßig mit Rabattverhandlungen konfrontiert. Wenn nicht explizit erwähnt, beziehen sich unsere Kommentare bei den einzelnen Titeln deshalb ebenfalls auf die Verkaufsindizes des harten Auflagenbestandteils.
Die IVW hat für das erste Quartal 2017 insgesamt 758 Publikumszeitschriften und 357 Zeitungen erfasst und gemeldet. Insgesamt verkauft wurden demnach pro erschienener Ausgabe durchschnittlich 92,8 Mio. Expl. (Publikumszeitschriften) bzw. 18,4 Mio. Expl. (Zeitungen). Der E-Paper-Anteil liegt bei den Zeitungen mit 6,3% deutlich höher als bei den Publikumsmagazinen (1,0%). Die „harte Auflage“ hat bei den Magazinen im Durchschnitt einen Anteil von knapp 85%. Durch den größeren Anteil von Abonnements liegt der entsprechende Prozentsatz bei den Zeitungen mit 92% noch höher. Binnen Jahresfrist zeigt der Zeitungsmarkt im Gesamtverkauf einen Rückgang von 4,9%, die Publikumszeitschriften verlieren mit 4,3% etwas weniger.
Trotz der anhaltenden Auflagenerosion sei an dieser Stelle wiederholt und pro Print betont: das publizistische Angebot der Verlage schafft es immer noch, gegen die Kostenlos-Kultur der Digitalisierung von der Zielgruppe eine hohe Wertschätzung durch Bezahlung der Inhalte zu erfahren.
Wir beginnen bei der Betrachtung einzelner Zeitschriftengattungen wieder bei den zuletzt stark gebeutelten People- und Frauenmagazinen. Hier zeigen diesmal einige Titel in der Summe von Einzelverkauf und Abonnement mit nur minimalen Verlusten oder sogar leichten Zuwächsen eine bemerkenswerte Stabilität. Neben dem Platzhirsch „Bunte“ darf sich die „Gala“ ebenso zu dieser Gruppe zählen, wie die 14-täglichen Magazine „Brigitte“ und „Freundin“. Am besten im Segment schneiden „Glamour“ und „InStyle“ ab, mit einem Zuwachs von jeweils 5%. Ein Großteil der Gattungs-Publikationen offenbart sich im Jahresvergleich aber Tiefrot. Besonders heftig zeigen sich erneut die Verluste von „Grazia“ (minus 17 Prozent), „Cosmopolitan“ (minus 26 Prozent), „Donna“ (minus 16 Prozent), „Harper’s Bazaar“ (minus 25 Prozent), „Jolie“ (minus 29 Prozent“), „Joy“ (minus 20 Prozent), „myself“ (minus 25 Prozent) und „Petra“ (minus 31 Prozent). Die „Madame“ lag in der letzten Quartalsstatistik noch im Gewinnerfeld, verliert diesmal aber deutliche 26 Prozent. Der Nachfragerückgang manifestiert sich bei fast allen Titeln an den Kiosken deutlich stärker als bei den Abonnements. Die bereits schwache Nachfrage im Handel hat sich bei „Harper’s Bazaar“ sogar halbiert.
Bleiben wir noch kurz im weiblich orientierten Zielgruppenbereich: Mit immer noch über 900.000 verkauften Exemplaren, welche zudem fast vollständig am Kiosk oder im Abonnement abgesetzt werden, erzählt die „Landlust“ weiterhin eine Erfolgsgeschichte. Die hohe Anzahl an Nachahmer-Titeln zeigt nun aber doch besonders im Einzelverkauf Wirkung: der Begründer des Land-Segments verliert hier 12 Prozent seiner Vorjahrsverkäufe, was bei der hohen Basis in absoluten Zahlen einen Rückgang von fast 65.000 Expl. bedeutet.
Im Teilmarkt für die monatlichen Männer-Lifestyle-Magazine behauptet sich der von Hubert Burda Media lizenzierte „Playboy“ nach seinem Relaunch zum Jahresende 2016 auch im neuen Jahr recht gut. Mit minimalen Verlusten im Einzelverkauf und stabiler Abonnenten-Basis bleibt das Bunny-Magazin mit noch über 90.000 hart verkauften Heften der Marktführer im Segment. Der Wettbewerber „Men’s Health“ verzeichnet dagegen in beiden Bestandteilen des harten Verkaufs deutliche Rückgänge: zu verkraften sind 21 Prozent weniger Nachfrage an den Kiosken und zudem 19 Prozent Verluste bei den Dauerbeziehern im Abonnement. „GQ“ verliert im Einzelverkauf 10 Prozent zum Vorjahr, hält die Zahl seiner Dauerbezieher aber einigermaßen konstant.
Bemerkenswert ist auch der Rückgang der Einzelverkäufe bei den Magazinen im Sportsegment. Insbesondere die größten Titel der Gattung verlieren absolut am meisten: -15.000 Expl. bedeuten beim „Kicker“ einen Verlust von 20 Prozent. Bei der „SportBILD“ bedeuten die minus 16 Prozent im Jahresvergleich sogar fast 25.000 Expl. weniger Nachfrage.
Die Wirtschaftsmagazine behaupten sich im Abonnement noch relativ gut – auch unterstützt durch einen hohen Anteil an Beziehern, die im Rahmen der Mitgliedschaft in themen-affinen Vereinen und Verbänden beliefert werden. Das ist auch notwendig, da bei dieser Zeitschriftengattung die Basis im Einzelverkauf zumeist nur noch eine Marginalie bedeutet. So hat die „Wirtschaftswoche“ im Jahresvergleich am Kiosk nochmals 20 Prozent verloren und verkauft damit über den Handel nur noch etwa 5.500 Exemplare pro Woche. Im Abonnement sind die Verluste beim Marktführer geringer: ein Minus von 4,1 Prozent innerhalb eines Jahres entsprechen aber trotzdem einem Rückgang von fast 3.200 Kunden auf jetzt noch knapp 74.000 Bezieher. Im Einzelverkauf bleibt „Brand Eins“ zwar die Nummer 1 im Segment, musste aber in diesem Quartal deutliche 28 Prozent abgeben – nur noch knapp 22.000 Käufer (- 8.400 Expl.) griffen monatlich zu. Die etablierten Monatsmagazine „Capital“, „Manager Magazin“ und „Impulse“ konnten ihren harten Verkauf auf den Punkt stabil halten. Letztgenannter Titel hat sich mit seiner nur noch 10maligen Erscheinungsweise, einem Copypreis von Euro 15,90 und seinem redaktionellen Konzept mittlerweile auf eine reine B2B-Rolle zurückgezogen. Das Magazin ist somit am Kiosk kaum noch zu finden – die Auflage stützt sich auf die Dauerbezieher, welche sich bei diesem Titel zu über 60 Prozent aus den oben erwähnten Mitgliedschaften rekrutieren.
Die an die männliche Zielgruppe gerichteten Titel der BILD-Markenwelt wollen wir wieder gesondert überblicken. Besonders branchenrelevant sind nach Einordnung von Responsio die Titel „Bild am Sonntag“ sowie die „Sport Bild“. Alleine diese beiden Objekte verlieren im harten Verkauf 10,9 Prozent (fast 105.000 Expl.) bzw. 11,7 Prozent (26.500 Expl.). Dazu kommen die Verkaufsrückgänge der weiteren „Männertitel“ aus der BILD-Familie: „Computer Bild“ (-21,3 Prozent; minus 55.700 Expl.) und „Auto Bild“ (-14,7 Prozent; minus 54.800 Expl.). Für den ASV bedeutet das in der Summe dieser Objekte einen Verlust von über 240.000 verkauften Exemplaren innerhalb des vergangenen Jahres. Hinzurechnen kann man auch den Absatzverlust bei „Bild“ in Höhe von 10,7 Prozent (minus 195.000 Expl.). Hier kommt erschwerend hinzu, dass in der neuesten Auflagenmeldung der „Bild“ nunmehr (ohne gesonderten Ausweis) auch der neue Titel „Fußball Bild“ enthalten ist!
Im Segment der aktuellen Titel bzw. der Nachrichtenmagazine konnte sich der „Spiegel“ wie schon im Vorquartal gut behaupten. Zwar verlor man im Einzelverkauf fast 17.000 Expl. (- 7,6 %) auf nunmehr noch knapp 204.000 Magazine, jedoch konnte der Hamburger Titel gleichzeitig seinen Abonnentenstamm unverändert halten. „Focus“ verzeichnet dort sogar einen Zuwachs von 2,2 Prozent, musste aber im Einzelverkauf einen Rückgang von über zehn Prozent hinnehmen. 56.400 Expl. bedeuten für das redaktionell bald komplett in Berlin produzierte Magazin in dieser Vertriebssparte den schwächsten Absatz in seiner Geschichte.
Der „Stern“ verliert am Kiosk wie auch bei der Anzahl seiner Abonnenten jeweils sieben Prozent seiner verkauften Auflage. Die Anzahl der regelmäßigen Bezieher im Abonnement liegt damit erstmals unter der Grenze von 200.000 Exemplaren! Neben der Konsolidierung seiner Auflage im Lesezirkel (minus 20.700 Exemplare) kürzt Gruner+Jahr auch die Anzahl der Bordexemplare von „Stern“ um über die Hälfte. Noch knapp 69.000 Zeitschriften liegen in Flugzeugen und Lounges für die Flugreisenden bereit. Alles zusammen führt dazu, dass der Gesamtverkauf des „Stern“ einen Schwellenwert unterschreitet: die nur noch etwa 595.700 verkauften Exemplare bedeuten einen absoluten Minusrekord und einem Gesamtverlust von über 120.000 Expl. innerhalb von 12 Monaten.
Die überregionalen Wochen- und Sonntagszeitungen schafften zwar eine Stabilisierung ihrer jeweiligen Abo-Menge, realisiert wird dies jedoch zumeist durch eine deutliche Erhöhung der digitalen Bezüge („Die Zeit“: +24,1%, „FAS“: +109,2%, „WamS“: +69,6%). Im Einzelverkauf zeigt sich für alle Titel ein eher schwaches Quartal – insbesondere für die „WamS“, die einen Rückgang von fast 26.400 Expl. an den Kiosken hinnehmen muss. Der dortige Durchschnittsverkauf von etwa 155.400 Expl. bedeutet für die Sonntagszeitung aus dem Hause ASV gleichzeitig den geringsten aller Zeiten.
Auch bei den überregionalen Tageszeitungen ist durchgehend erkennbar, dass der Rückgang der Abo-Bestände durch E-Paper-Verkäufe ein wenig abgefedert wird. Der Einzelverkauf der „Süddeutschen Zeitung“ (-10,9%), der FAZ (-31,3%) und der „Welt“ (-29,6%) geht besonders bei den Samstagsausgaben überdurchschnittlich stark zurück.
E-Paper-Krösus bei den Publikumszeitschriften bleibt der „Spiegel“, mit erstmals über 60.000 Exemplaren. Diese verteilen sich nach Abzug von etwa 4.100 Bordexemplaren etwa hälftig auf Abonnements und sonstige Verkäufe. Mehr als 50.000 E-Paper-Verkäufe melden mittlerweile auch Zeitungstitel wie die „WamS“, die „Zeit“ und die „Süddeutsche Zeitung“. Die höchste Zahl an Digital-Abonnenten haben die „Bild“ und die „WamS“: mit 43.500 bzw. 42.100 E-Paper-Beziehern liegen sie dort fast gleichauf.
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